Ein Unfall? Eine Medienorientierung? Ein Wahlsonntag? Nein, es gibt einen weiteren Grund, warum zur gleichen Zeit am gleichen Ort zahlreiche Journalisten und PR-Profis aufeinander treffen: Den Berner Medientag. Dieser fand im November 2012 bereits zum 22. Mal statt, und das vor vollen Rängen und zum Thema «Sonntagszeitungen: Primeurs und Enthüllungen oder alles nur heisse Luft?». Ein gelungener Anlass, an dem sich Medien- und PR-Schaffende inhaltlich wie informell austauschen. In diesem Blogbeitrag beleuchte ich einen Punkt , der immer noch in meinem Kopf herumschwirrt. In einem Kopf, der eine PR-Brille trägt. PR-Agenturen: Kein Fall für Journalisten Aus den Statements der Journalisten auf der Bühne wurde schnell klar: Nicht jede Quelle ist in den Augen der Journalisten gleich glaubwürdig und gleich willkommen. Am beliebtesten sind Mitarbeitende, die Indiskretionen den Medien preisgeben, mutige Whistleblower also, die den Medien ermöglichen, ihre Rolle als 4. Gewalt zu spielen. Am wenigsten beliebt sind PR-Agenturen, welche im Sinn ihrer Auftraggeber versuchen, Öffentlichkeit herzustellen (etwas beliebter sind PR-Profis inhouse). Aus Informationen, welche die Journalisten von PR-Agenturen oder Medienabteilungen erhalten, würden keine guten Geschichten. Warum? Nicht interessant genug, weil vorher „weichgespült“ durch PR-Profis. Nicht exklusiv genug, weil auch andere Journalisten diese Information erhalten. Die für uns PR-Profis so wichtige Gleichbehandlung von Journalisten, scheint nicht nur willkommen zu sein. Weil sie sich offenbar beisst mit einem der zentralen Stimuli von Journalisten, der Jagd nach Primeurs. Dabei gehen Journalisten mitunter so weit, dass sie Kommunikationsabteilungen „empfehlen“, auf eine Medienorientierung zu verzichten, damit eine Information und damit eine Geschichte exklusiv bleibt. Mir wurde wieder einmal bewusst: Viele Journalisten sind Enthüllungsjournalisten, die an „authentische“ Informationen herankommen wollen – jenseits der offiziellen Kommunikationskanälen von Organisationen oder Unternehmen. Wir PR-Profis werden dabei mehr als „Informationsverhinderer“ denn als Partner wahrgenommen. Was heisst das für die Medienarbeit? Wenn wir PR-Profis eher stören - wäre nicht die radikale Konsequenz, auf proaktive Medienarbeit zu verzichten? Denn diese scheint im wahren Sinn des Worts bei den Journalisten „nicht anzukommen“. Dafür eher auf Spin Doctors zu setzen, welche im Hintergrund intransparent die Fäden ziehen und Journalisten instrumentalisieren? Ich finde nicht, und zwar aus fünf Gründen: 1. Die Aussagen der Journalisten, die für Sonntagszeitungen schreiben, sind nicht repräsentativ für die ganze Branche. Einmal in der Woche oder einmal am Tag etwas zu bringen, ist ein anderer Ansatz, der sich auch in unterschiedliche Arbeitsweisen niederschlägt. Wer unter täglichem „Produktionsdruck“ steht, ist offener und dankbarer für Hinweise – auch von PR-Profis. 2. Wie ein Blick in das Jahrbuch Qualität der Medien 2011 zeigt, prägen PR-Meldungen sehr wohl den Nachrichtenfluss: „… legt das Jahrbuch dar, dass durchschnittlich 40 Prozent der Unternehmensberichterstattung durch PR-Aktivitäten stimuliert wurden.“ 3. Meine eigene Erfahrung (15 Jahre in der Unternehmenskommunikation) bestätigt, dass proaktive Medienarbeit funktioniert. Allerdings nicht in jedem Fall und mit einer wichtigen Einschränkung: Geschichten werden nur aufgenommen, wenn sie etwas hergeben, wenn sie möglichst viele Newsfaktoren beinhalten. Mit Text allein, ist es aber je länger desto weniger getan. Wie diese Studie von PRNewswire herausgefunden hat, erreichen multimediale Medienmitteilungen (Text, Bilder, Video, Downloads) fast 10 mal mehr Sichtbarkeit. 4. Sind die einen gleicher als gleich? Nein (und Ja). Im Grundsatz bin ich gegen Exklusivität, weil ich ein glaubwürdiger und zuverlässiger Partner in einer langfristigen Beziehung zu vielen Journalisten sein will. Deshalb: Als Medienabteilung oder PR-Agentur das Primat der Gleichbehandlung einhalten und alle Journalisten gleichzeitig mit den gleichen Informationen bedienen. Diese Transparenz* verbunden mit Kontinuität schaffen Vertrauen. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel. 5. Trotz und gerade in Zeiten von Strukturwandel, Social Media und Digitalisierung der Medien bleibt es für Unternehmen wichtig, Medien zu informieren. Denn die Medien verfügen über etablierte Marken, geniessen eine hohe Source Credibility (siehe dazu den Edelman Trust Barometer 2012 ) und bringen als Multiplikatoren Reichweite. Nur weil ich heute als Unternehmen meine Botschaften in einen Blog direkt vermitteln kann, werden diese dort nicht automatisch gelesen. *A propos Transparenz: Ich bin auch Vizepräsident der BPRG, welche als Sponsor den Berner Medientag unterstützt.
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